Teilprojekt E: Wahrheit und Reflexion

Projektleiter:
Prof. Dr. Dr. Walter Hoering
Universität Tübingen
Philosophisches Seminar
Bursagasse 1
72070 Tübingen
Tel.: 07071/29-74347
Fax: 07071/29-5295
email: hoering@philosophie.uni-tuebingen.de (hoering@philosophie.uni-tuebingen.de)

Mitarbeiter:
Kai-Uwe Kühnberger, M.A. (Promotionsstipendiat) (email)

Zusammenfassung:

Die alten ontologischen und epistemologischen Fragen nach der Natur unserer Begriffe und dem Wesen der Wahrheit können wir heute in einer neuen, spezielleren und präziseren Weise stellen. Wenn wir in axiomatisch beschriebenen, formalen Sprachen die bekannten Antinomien (Lügner, Kreter) und auch neue Paradoxien aufstellen, sie rekonstruieren und analysieren, so hilft uns das auch zu verstehen, wie die Umgangssprache funktioniert. Wir bestimmen so die Grenzen der Anwendbarkeit der zweiwertigen Logik und einer Adäquationstheorie der Wahrheit und erhalten damit Argumente gegen eine platonistische, d.h. für eine konstruktivistische Auffassung der Wahrheit - insbesondere in den exakten Wissenschaften, aber nicht nur dort.

Projektziele:

(I) Das Untersuchen und Verstehen von gewissen mathematischen Strukturen, die in direktem Zusammenhang mit einer Lösung des Problems paradoxer Sätze in natürlichen wie auch formalen Sprachen stehen (innerhalb eines Fixpunktansatzes). Dies bewegt sich im wesentlichen in Bereichen der Ordnungstheorie.

(II) Die Analyse des Lügner-Paradoxons, allgemeiner zirkulärer Satzmengen, verschiedener Lösungsmöglichkeiten und Gemeinsamkeiten der Lösungsstrategien (1. Teil): Weiterentwicklung der 'Revision-Theory of Truth', Gupta/Belnap 1993, deren Ansätze von ihren Autoren selbst zum Teil als Kompromisse empfunden wurden.

(III) Die Analyse des Lügner-Paradoxons, verschiedene Lösungsmöglichkeiten und Gemeinsamkeiten der Lösungsstrategien (2. Teil): Hier soll vor allem die Diskussion der 'Revision-Theory of Truth' (Gupta/Belnap 1993), in der bewußt zirkuläre Wahrheitswertzuweisungen zugelassen und die Limites solcher Entwicklungen betrachtet werden, im Mittelpunkt des Interesses stehen und mit der prima facie inkompatiblen Idee von Jon Barwise und John Etchemendy, konfrontiert werden, nicht-fundierte Mengen zur Modellierung der Zirkularität reflexiver Aussagen zu nutzen (Barwise/Etchemendy 1987). Denn die strukturellen Ähnlichkeiten der verwendeten Hilfsmittel: zirkuläre Ordnungen, Fixpunkte, sind nicht zu übersehen.

(IV) Die Anwendung der Lösungsideen der Paradoxien innerhalb sprachphilosophisch-linguistischer Systeme. Dies bedeutet nichts anderes als die Anwendung der Überlegungen auf eine formalen Semantik für eine natürliche Sprache, wie sie etwa in der Situationssemantik schon ansatzweise vorliegt.

(V) Die Untersuchung der bisher diskutierten Fixpunkte in einfachen formalen Beispiel-Theorien in Bezug auf den Komplexitätsgrad der von ihnen gelieferten Satzmengen. Auswertungsmethoden für induktiven Definitionen, insbesondere von Tarski-Hierarchien, die durch die konstruktiven Ordnungszahlen laufen. (Vgl. Feferman 1962, 1991, Halbach 1995).

(VI) Die Untersuchung, Kritik und Ausarbeitung verschiedener philosophischer Theorien der Wahrheit und dazu gehörende philosophische Grundlagenprobleme, wie die ontologische Grundlegung oder die Implikationen, die aus der formalen Beschreibung von Wahrheit zunächst für die Philosophie der Mathematik, dann aber auch Philosophie im allgemeinen entstehen, z.B. unter dem Stichwort Platonismus versus Konstruktivismus.

Der Arbeitsplan des Projekt ist im wesentlichen durch die Schwerpunkte (I) - (IV) gegeben. Die weiteren Punkte werden voraussichtlich einer späteren Arbeit vorbehalten bleiben.

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